Rezension: Mission to Disaster von Justina Ireland überzeugt auf allen Ebenen

Zeitgleich mit The Fallen Star ist am 4. Januar bei Disney-Lucasfilm Press auch der Jugendroman Mission to Disaster von Justina Ireland erschienen, zunächst allerdingt nur als E-Book und Hörbuch, während die Printversion am 1. März folgt. Dieser Roman spielt zeitlich noch vor dem Erwachsenenroman und leitet somit zumindest chronologisch gesehen die dritte Welle der ersten The High Republic-Phase ein. Wie auch bei den beiden Jugendromanen der ersten zwei Wellen gibt es in dem Buch wieder Illustrationen von Petur Antonsson, der auch das Cover des Werkes gestaltet hat. Wie der Jugendroman in die Handlung der ersten Phase passt und warum er es schafft, eine gelungene Weitererzählung von Vernestras und Imris Geschichte zu sein, erfahrt ihr in dieser Rezension – spoilerfrei natürlich.

Die Handlung von Mission to Disaster setzt vor The Fallen Star an. Dies versteht sich relativ schnell, wenn man den Jugendroman beginnt, wurde aber auch bereits von den Autoren bestätigt (wie z. B. auf Twitter von Daniel José Older). Die Reihen der Nihil wurden mittlerweile durch die Bemühungen der Republik und der Jedi ausgedünnt und so erhofft sich die jüngste Jedi-Ritterin seit Generationen, Vernestra Rwoh, endlich genügend Zeit zu haben, ihren Padawan Imri Cantaros zu trainieren – allerdings wird diese Hoffnung schnell durch einen Hilferuf aus Port Haileap im Keim erstickt, und die beiden Jedi brechen auf, um ihre von den Nihil entführte Wissenschaftler-Freundin Avon Starros zu finden. Ihre Suche führt sie dabei auf den Planeten Dalna, wo sie auf alte Bekannte und neue Jedi-Kollegen treffen, mit denen sie gemeinsam den Nihil auf die Schliche kommen …

Charaktere mit Herz und Seele

„Sometimes the hardest thing to do was the right thing.“

In Mission to Disaster schafft Justina Ireland es, nahtlos an die bereits in anderen Werken von ihr etablierten Charakterentwicklungen anzuknüpfen. Der Hauptcast des Jugendromans sollte den meisten Lesern bekannt sein – Vernestra, Imri, Avon Starros, J-6 und auch Honesty Weft erlebten in A Test of Courage ein gemeinsames Abenteuer auf Wevo, das überraschend bewegend und erwachsen war. Die Jedi Vernestra und Imri traten inzwischen auch schon in Young-Adult-Form auf, denn in Out of the Shadows begleiteten wir die beiden gemeinsam mit einer bunt gemischten Investigationsgruppe auf der Suche nach einer Nihil-Waffe. Zunächst hatte ich Bedenken, ob der Wechsel zurück in einen Roman für eine jüngere Altersgruppe den Charakteren und ihren Entwicklungen aus der zweiten Welle gerecht werden würde, und ich bin auch immer noch der Meinung, dass vor allem Vernestra besser in Young-Adult-Romanen aufgehoben wäre, dennoch funktionieren die Charaktere auch in einem Jugendroman nach wie vor. Dies liegt besonders daran, dass Ireland auf die Entwicklungen aus Out of the Shadows Bezug nimmt, sodass auch junge Leser verstehen, wie die Jedi sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt haben. Aber auch in diesem Roman selbst entwickeln sich die Protagonisten nachvollziehbar und ungemein voran. So betritt Vernestra beispielsweise einen zerstörten Korridor, durch den sie während ihrer Zeit auf Port Haileap täglich gelaufen ist, reflektiert dort ihre bisherige Reise und vergleicht sich mit der Person, die sie zu jener Zeit war. Auch wenn sie lange nicht so formende Ereignisse wie in Out of the Shadows durchlebt, gibt es in dieser Geschichte dennoch genügend Potential für sie, zu wachsen, und Ireland nutzt dieses wunderbar aus.

Ihr Schüler Imri, mit dem ich in A Test of Courage noch nur bedingt warm wurde, hat mir in Mission to Disaster dafür umso besser gefallen und sich zu einem kleinen Geheimfavoriten bei mir entwickelt. Seine empathischen Fähigkeiten und wie er diese zu nutzen gelernt hat führen zu einigen herzerwärmenden Momenten und so ist der Padawan im Laufe der ersten Phase zu einer vielschichtigen Figur geworden, über die ich in Zukunft gerne weitere Geschichten lesen würde. Spannend ist an Mission to Disaster auch, dass nicht alle Charaktere stets beisammen sind und auch Imri und Vernestra teilweise getrennte Wege gehen, wodurch Imri lernt, mit mehr Verantwortung umzugehen. Die Meister-Schüler-Beziehung der beiden ist für mich ein großes Highlight des Romans, und zu lesen, wie die beiden Jedi sich immer besser in ihren Rollen zurechtfinden, macht einfach Spaß.

Auf Seiten der Jedi werden auch einige neue Charaktere eingeführt – Yacek Sparkburn, Lyssa Votz und Nyla Quinn. Diese Personen stehen zwar nicht im Rampenlicht und fungieren eher als unterstützende Figuren für die Protagonisten, dennoch lernen wir sie auf nur wenigen Seiten ausreichend kennen, um ein gutes Bild von ihnen zu bekommen und sie liebzugewinnen. Für guten Humor sorgt währenddessen Droidin J-6, die durch Avons Modifikationen kein Blatt vor den Mund nimmt und frech ihre Meinung (die sie eigentlich gar nicht haben sollte) kundgibt. Und auch ein Wiedersehen mit Honesty bereichert den Roman um eine weitere bereits etablierte Figur, über deren Rückkehr man sich nur freuen kann.

Komplett separiert muss sich unterdessen Avon bei den Nihil durchkämpfen. Vor allem sie ist es, die in Mission to Disaster eine größere Entwicklung durchläuft, als sie es bisher getan hat, und die für sie sicher Konsequenzen für ihre zukünftige Herangehensweise an Probleme und ihr unbesonnenes Verhalten anderen gegenüber hat. Avon wurde nicht zum ersten Mal entführt, doch sie weiß genau, dass sie schlauer ist als manche der ihr überlegenen Personen. Sie geht mit frecher Selbstsicherheit in Konfrontationen, merkt nun jedoch, dass dies nicht immer funktionieren kann und es Leute in der Galaxis gibt, die auch sie durchschauen können. Im Laufe des Romans lernt Avon aus ihren Fehlern dazu und kommt am Ende an einem Punkt an, der schlüssig ihre Entwicklung innerhalb dieser Handlung charakterisiert und sie für mich zufriedenstellend abschließt.

Gut gefallen haben mir auch die Nihil-Charaktere, die in diesem Roman berechnender gewirkt haben als in manch anderen The High Republic-Werken. Die neue Tempest Runner Kara Xoo, die an der Spitze des dezimierten Tempest steht, sowie Deva Lompop und auch Dr. Mkampa sind allesamt nicht zu unterschätzen. Da die Antagonisten-Perspektive meiner Meinung nach in The Fallen Star zu kurz kam, habe ich mich hier also umso mehr gefreut, zu erfahren, wie die Nihil sich nach ihren Verlusten organisieren und auf welche fragwürdigen Methoden sie nun zurückgegriffen haben.

Brodelnde Gefahr

Neben der Charakterentwicklung hat Justina Ireland aber auch alle Arbeit geleistet, eine großartige Atmosphäre zu erschaffen. Das zerstörte Port Haileap macht dabei den Beginn, und die kleine, aber instabile Welt Dalna wird ebenfalls gekonnt von der Autorin zum Leben erweckt. Nicht nur der Jedi-Tempel auf dem Planeten und dessen Umgebung werden anschaulich beschrieben, auch die bunte Architektur der Siedlungen und die von Naturereignissen geplagte Umwelt erschaffen die überzeugende Atmosphäre einer abgelegenen, aber überaus lebendigen Welt. Dabei kommen natürlich auch Kreaturen nicht zu kurz, von denen einige freundlicher sind als andere. Ireland gelingt es, das Gefühl von Gefahr zu übermitteln, ohne dabei den Fokus auf die Entschlossenheit der Jedi zu verlieren und gleichzeitig einige mysteriöse Hinweise zu streuen.

Diese Hinweise und Referenzen sind ein weiterer Grund, wieso Mission to Disaster so gut funktioniert. Bereits in den ersten Kapiteln treffen wir auf einen Charakter, den wir aus einem von Irelands anderen Werken kennen, und wie eine Leseprobe aus dem Roman schon verraten hat, werden auch andere Jedi wie Keeve Trennis oder Sskeer erwähnt. Immer wieder gibt es Rückbezüge zu den Geschehnissen des Great Disaster, dem Republic Fair oder der Suche nach der Gravity’s Heart. Als Leser wird man nicht mit Informationen überrumpelt, sondern subtil daran erinnert, in welchem Zustand sich die Galaxis und auch die Charaktere befinden. Sollte man ein Werk verpasst haben, bekommt man so alle relevanten Entwicklungen geschildert und die Geschichte des Romans fühlt sich mit der gesamten Handlung der Hohen Republik verbunden an. Vor allem durch die diversen Hinweisen auf die Historie mancher Orte, die besonders in Hinblick auf Phase 2 der Ära noch wichtig werden könnten, und die zahlreichen Querverweise und Auftritte von Charakteren aus anderen Medien wie den Kurzgeschichten merkt man, dass Justina Ireland ein richtig gutes Gespür für die Ära und deren Kernkonzepte hat. Was man von der Einbindung des Kreuzers Halcyon hält, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, zumindest hat der Auftritt des Schiffs aber keine Überhand genommen und wurde so organisch eingebaut, wie es bei einer Art in-universe-Produktplatzierung eben geht. Hingewiesen sein soll auch hierauf: wer A Test of Courage nicht gelesen hat, sollte das vor diesem Roman lieber nachholen, da die Charaktere dort eingeführt werden. Auch Out of the Shadows kann nicht schaden, ist aber weniger essentiell für das Verständnis dieses Jugendromans. Zumindest mit dem Vorwissen aus einem dieser beiden Werke solltet ihr gut vorbereitet in diese Geschichte starten können.

Mission to Disaster ist außerdem insofern wichtig, dass es wie eingangs genannt noch vor The Fallen Star spielt und wichtige Hinweise auf Starlight Beacon und den Aufenthaltsort einiger Charaktere liefert. Was genau diese sind, solltet ihr selbst herausfinden, an dieser Stelle erwähne ich nur kurz den Comic The High Republic #12 als eines der Bindeglieder.

Starlight Beacon
Starlight Beacon, illustriert von Petur Antonsson, ganz die Ruhe vor dem Sturm

Konflikte zum Nachdenken

„Balance in all things was important, but where did cruelty fit into that picture?“

Justina Ireland greift in ihrem Jugendroman wie wir es von ihr kennen wieder einige erwachsenere Themen auf als man es vielleicht von einem Buch, das an eine junge Zielgruppe gerichtet ist, erwarten würde. Besonders spannend ist dabei, wie sie das Thema Wissenschaft angeht. Sowohl Avon als auch Dr. Mkampa sind begeisterte Wissenschaftlerinnen – nutzen diese jedoch für völlig verschiedene Zwecke. Ist wissenschaftlicher Fortschritt also auch gut, wenn man ihn für Zerstörung nutzt? Was passiert, wenn gute Ideen für diese Zwecke entwendet werden? Der wissenschaftliche Aspekt ist tatsächlich einer der wenigen Kritikpunkte, die ich an diesem Roman habe. Zwar finde ich es immer spannend, mehr über die Funktionsweisen des Hyperraums oder in diesem Fall der Kyberkristalle zu erfahren, aber den erklärenden Passagen war hier ziemlich schwer zu folgen und ich habe gar nicht erst so wirklich versuchen können, das Ganze zu verstehen. Da das allerdings nur ein paar Sätze betrifft, und die Kristalle für mich gerne weiterhin ein Mysterium bleiben dürfen, hat es mich im Endeffekt jedoch nur wenig gestört.

Doch auch das Zwischenmenschliche kommt im Roman nicht zu kurz. Ein besonders spannendes Thema spricht Justina Ireland durch Vernestras und Imris Konflikt an, ihre Freundin retten zu wollen, gleichzeitig aber auch das Leben vieler Anderer wahren zu müssen. So dürfen sie das Leben von Avon nicht über das der anderen Hilflosen stellen, auch wenn es ihnen persönlich gerade mehr Sorgen bereiten mag. Dadurch kommt auch die Freundschaft der Charaktere immer wieder zum Vorschein, welche einem das Herz erwärmt hat und mich immer wieder berühren konnte. Besonders Imris und Vernestras Wertschätzung füreinander und die Sorge um Avon konnten mich komplett abholen, sodass ich beim Lesen emotional investiert war.

Ein letztes wichtiges Thema, das sich ebenfalls wie ein roter Faden durch den Roman zieht, ist die Konfrontation mit der Vergangenheit. Da gäbe es zum Beispiel die Jedi, welche versuchen, mit Einwohnern zu arbeiten, die ihnen aufgrund vergangener Geschehnisse nicht vertrauen. Oder Avon, die zum zweiten Mal in ihrem Leben entführt wird. Andererseits aber auch Vernestra und Imri, die ihre alte Heimat zerstört sehen und Honesty, dessen jetzige in Gefahr schwebt. Immer wieder erinnern Ereignisse die Protagonist*innen daran, was sie durchlebt oder verloren haben, woran sie gewachsen sind und woraus sie gelernt haben.

Illustrationen auf gewohnt hohem Niveau

Zu guter Letzt möchte ich noch kurz die wunderbaren Illustrationen von Petur Antonsson eingehen. Eine davon war bereits im Voraus bekannt und zeigt Starlight Beacon in voller Pracht. Das reibt natürlich ganz schön Salz in die Wunde, besonders wenn man The Fallen Star bereits hinter sich haben sollte. Aber auch die anderen beiden Illustrationen, die ihr am besten selber im Roman entdeckt, sind wundervoll gestaltet und wie man es von Antonsson kennt mit viel Detailtreue und strahlenden Farben versehen. Allein dafür lohnt es sich, sich das Buch auch in der Printversion anzuschaffen!

Fazit – Ein Roman für alle Altersgruppen

In Mission to Disaster setzt Justina Ireland ihre großartige Arbeit aus A Test of Courage und Out of the Shadows fort. Der Roman überzeugt mit nachvollziehbaren und nuancierten Charakterentwicklungen, schön ausgearbeiteten interpersonellen Beziehungen und einer packenden Atmosphäre. Action und ruhige Momente sind ausreichend ausbalanciert und Verbindungen zu anderen Werken, sowie Hinweise auf sowohl Vergangenheit als auch Zukunft runden diesen Jugendroman perfekt ab. Es empfiehlt sich zwar, Irelands vorherige The High Republic-Romane zu lesen, um ein besseres Verständnis von den Charaktere zu haben, dennoch werden einem genug Informationen geliefert, um die Handlung auch so gut nachvollziehen zu können. Für einen an junge Leser gerichteten Roman liest sich Mission to Disaster dank der aufgegriffenen Themen und Konflikte wieder einmal erstaunlich erwachsen. Außerdem liefert er wichtige Anhaltspunkte für The Fallen Star und sollte möglichst noch vor dem Erwachsenenroman gelesen werden. Somit kann ich für Mission to Disaster abschließend nur eine absolute Leseempfehlung für alle Altersgruppen aussprechen!

Habt ihr Mission to Disaster bereits gelesen oder wartet ihr noch bis März auf die deutsche Veröffentlichung bei Panini unter dem Titel Mission ins Verderben? Lasst es uns gerne wissen und teilt uns eure Meinung zum Roman in den Kommentaren mit!

Wir danken Disney-Lucasfilm Press für die Bereitstellung eines digitalen Rezensionsexemplars.

P.S.: Wenn ihr das E-Book sucht, werdet ihr u.a. bei Kobo oder Apple Books fündig. Über Amazon/Kindle ist es nicht verfügbar.

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

Ein Kommentar

  1. Ich stimme der Rezension voll zu. Einer der großen Vorteile dieser Jugendroman gegenüber den Erwachsenen-Romanen ist für mich, dass sie nicht derart mit Personen und Ereignissen überfrachtet sind, dass man ohne eigene genaue Dokumentation komplett den Überblick verliert. Diese Jugendromane kann man genussvoll an einem Stück durchlesen, weil sie trotz unterschiedlicher Akteure und Orte immer am Haupthandlungsstrang orientiert sind. Aber auch der inhaltliche Anspruch ist durchweg gut und liefert wichtige Wissensbausteine für die in den Erwachsenen-Romanen abgehandelten Ereignisse. Ganz klare Leseempfehlung!

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